Arno A. Evers FAIR-PR, 14. Februar, 2006
Ein Inselstaat auf der Suche nach Energiealternativen
HANNOVER MESSE 2006, 24. bis 28. April
„Wir haben uns der Nutzung erneuerbarer Energien
verschrieben, ob aus biologischen Ressourcen, ob aus
Wind und Wasserkraft, Wasserstoff und Brennstoffzellen
– jedes sinnvolle Konzept ist für uns interessant.“
Muaausa Joseph S. Walter ist General Manager der Electric
Power Corporation (EPC) in Samoa, die sich 2006 als
erstes Unternehmen des südpazifischen Staates mit
den vier Inseln Upolu, Savaii, Manono und Apolima an
einer HANNOVER MESSE (24. bis 28. April) beteiligen
wird. Auf dem Gemeinschaftsstand
„Wasserstoff + Brennstoffzellen“ in
Halle 13 mit 125
Ausstellern aus 32 Ländern ist EPC
(Stand H60/1) als „Starter Kit“ vertreten.
EPC ist das einzige Energieversorgungsunternehmen
Samoas und verantwortlich für die gesamte Erzeugung,
Übertragung und Verteilung von Elektrizität.
Es verfügt über drei Dieselkraftwerke mit
rund 22 MW installierter Kapazität sowie über
fünf Wasser-kraftwerke mit etwa 12 MW. Der Spitzenbedarf
wird mit rund 19 MW angegeben. Die Infrastruktur erreicht
95 Prozent der samoanischen Bevölkerung. EPC hat
nach aktuellem Stand 32 289 Kunden, die insbesondere
auf Upolu (78 Prozent) und Savaii (21 Prozent) zu Hause
sind.
Musste man noch bis ans Ende der achtziger Jahre des
vergangenen Jahrhunderts in und um die Hauptstadt Apia
schon einen eigenen Dieselgenerator installieren, wenn
man elektrischen Strom haben wollte, so beschränkt
sich dessen Bedeutung heute allenfalls auf eine gelegentlich
erforderliche Notstromversorgung. 1972 als staatseigenes
Unternehmen gegründet, versorgt EPC inzwischen
Verbraucher im selbst noch entlegenen Landesinneren.
Die Anfang dieses Jahrzehnts eingeleitete Reform des
gesamten öffentlichen Sektors Samoas führte
zu einer stärkeren kommerziellen Ausrichtung der
EPC, einer veränderten Angebots- und Tarifstruktur
sowie einer Neuorganisation des Managements. 2002 konnte
die EPC zum ersten Mal in ihrer damals 30-jährigen
Geschichte einen Unternehmensgewinn verbuchen. Gleichzeitig
erhielt Samoa einen internationalen Preis für "Soziale
Verantwortung" – in Würdigung einer
speziellen Billigtarifstrategie für einkommensschwache
Verbraucher.
Denn kostengünstig ist Elektrizität in Samoa
eher nicht: Für die ersten 50 KWh des Monats werden
umgerechnet 0,19 Euro berechnet, die 51. bis 200. KWh
kostet bereits 0,23 Euro, und alles darüber wird
mit 0,27 Euro/KWh abgerechnet. Kommerzielle Kunden zahlen
durchgehend 0,23 Euro/KWh. Ein Haushalt nach europäischem
Zuschnitt, mit Kühlgeräten, Heimelektronik,
Waschmaschine und Elektroherd, dazu Ventilatoren im
Dauerbetrieb, gar noch eine Klimaanlage, kommt leicht
auf 300 Euro/Monat an Stromkosten.
Ein samoanischer Normalhaushalt könnte sich das
bei einem Mindestlohn von nur 0,65 Euro/Stunde nicht
leisten. Hier sind deshalb meist nur ein Kühlschrank,
Radio und Fernseher und ein paar Leuchten angeschlossen
– Energiesparlampen, versteht sich. Da kommt man
aus mit den günstigen 50 KWh auf eine erschwingliche
Stromrechnung von um die zehn Euro. Gekocht wird auf
offenem Feuer oder mit Gas und Kerosinöfen.
Energie zu sparen, ist also eine Selbstverständlichkeit
für Samoaner und ebenso die Suche nach alternativen
Energiequellen. Schon in den siebziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts wurde Wasserkraft zur Stromerzeugung eingesetzt,
die zeitweise bis zu 50 Prozent des Bedarfs decken konnte
(heute nur noch 25 Prozent). Gegenwärtig wird mit
Förderung des United Nations Development Program
(UNDP) ein Versuchsprojekt für die Erfassung des
Potenzials einer Windkraftanlage projektiert, und die
kleine Insel Apolima (80 Einwohner) soll in Kürze
ganz auf Solarenergie umgestellt werden.
Besonderes Interesse gilt der Substitution der importierten
fossilen Brennstoffe durch lokal produzierte Energieträger.
Da es weder Kohle noch eigene Erdöl- oder Gasvorkommen
gibt, sollen vor allem nachwachsende Rohstoffe zur Energieerzeugung
herangezogen werden. Im Mittelpunkt aktueller Projekte
steht dabei bislang die Kokosnuss. Kokosöl kann
in Samoa leicht produziert werden – eine recht
große Raffinerie steht zur Verfügung, deren
Erzeugnisse wegen hoher Transportkosten jedoch kaum
weltmarktfähig sind. Die lokale Kokosölproduktion
wird daher gedrosselt, während gleichzeitig unter
ebenso hohen Transportkosten weiterhin fossile Brennstoffe
importiert werden müssen.
In einem Statement zur Teilnahme an der HANNOVER MESSE
2006 zeigt sich Walter „offen für jede Idee,
wie sich die reichlich vorhandene, aber im Wesentlichen
ungenutzte Biomasse wirtschaftlich sinnvoll, effizienter
in elektrische Energie umwandeln lässt.“
Insbesondere sieht er eine Herausforderung seines Landes
in dem Bemühen, die Abhängigkeit von importierten
Kraftstoffen zu verringern oder diese sogar ganz überflüssig
zu machen. Zurzeit führe Samoa jährlich 15
Millionen Liter Diesel ausschließlich für
die Energieproduktion ein. Für Walter ist es eine
gesellschaftliche Aufgabe, die aktuell für den
Import von Kraftstoffen abfließenden Mittel umzuleiten
in die wirtschaftlich schwachen Regionen des Landes,
wo landwirtschaftliche Produktion die einzig mögliche
Erwerbsquelle sei. Mit dem Importersatz durch neue Möglichkeiten
der Energieerzeugung eröffne sich die große
Chance, sowohl die Energieversorgung nachhaltig zu sichern,
als auch für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen
eine solide Einkommensbasis zu schaffen.
Von der Beteiligung in Hannover und vor allem von Zukunftstechnologien
auf Basis von Wasserstoff und Brennstoffzellen erhofft
sich Walter deshalb wegweisende Impulse für intelligente,
ausgereifte Energiekonzepte, wobei er sein Land für
Versuchsprojekte anbietet, deren Ergebnisse dann auch
vielen tropischen Inseln in aller Welt helfen könnten,
auf teure Rohstoffe zur Energiegewinnung mehr und mehr
zu verzichten.
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